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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats Dezember 2011


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Schenkungen der Muttergesellschaft an Mitarbeiter einer GmbH

2.

Erster (ernst zu nehmender) Angriff auf die Erbschaftsteuerreform

3.

Verbilligte Überlassung von Wohnung immer Sachbezug?

4.

Sind Fremdgeschäftsführer und Vorstände unionsrechtlich Arbeitnehmer?

5.

Bundesfinanzhof klärt Zeitpunkt der Zuordnung zum Unternehmensvermögen

6.

Zeitschriftenverlage: Sind vergünstigte Abos für Mitarbeiter umsatzsteuerpflichtig?

7.

ELStAM-Einführung verschiebt sich

8.

Ungleichbehandlung unehelicher Kinder im Erbrecht bleibt bestehen

9.

Betriebsratsmitglieder müssen nicht in unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden

10.

Finanzamt verzeiht keine Fehler bei Steuersoftware

11.

Vorsicht bei Vermietung zwischen Ehegatten

12.

Anforderungen an handschriftliche Zusätze zu einem Testament

13.

Besteuerung von Erstattungszinsen zulässig?

14.

Elternzeit kann nur mit Zustimmung des Arbeitgebers verlängert werden

15.

Prüfungspflicht einer Bank in Bezug auf die Erbenstellung

16.

Erwerb unverkörperter Mitgliedschaftsrechte an einer AG

17.

Wann sind befristete Arbeitsverhältnisse älterer Arbeitnehmer wirksam?

18.

Aufklärungspflicht bei Vertriebsprovisionen

19.

Zur urheberrechtlichen Zulässigkeit der Bildersuche bei Google

20.

Privater Arbeitgeber muss Besetzung freier Stelle mit Schwerbehinderten prüfen

21.

Voraussetzungen der "fehlerhaften Gesellschaft"

22.

Ist Unterhalt an Schwiegermutter außergewöhnliche Belastung für Getrennte?



1. Schenkungen der Muttergesellschaft an Mitarbeiter einer GmbH

Kernaussage
Zum Arbeitslohn gehören alle Vorteile für eine Beschäftigung, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst worden sind. D. h. die Einnahmen fließen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zu. Arbeitslohn kann auch bei einer Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn diese ein Entgelt für eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt.

Sachverhalt
Der Kläger war als Mitarbeiter einer GmbH tätig, deren Alleingesellschafterin eine weitere GmbH war. Diese Alleingesellschafterin veräußerte sämtliche Anteile an der GmbH. Nach der Veräußerung erhielt der Kläger einen Scheck über 5.200 EUR von der Alleingesellschafterin, die ihm diese Summe aus Anlass des Anteilsverkaufs schenkte. Das Finanzamt sah die Zuwendung an den Kläger als von einem Dritten gezahlten Arbeitslohn an und forderte Lohnsteuer.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde nicht zugelassen. Bei der streitigen Zuwendung handelte es sich nicht um eine Schenkung, sondern um Arbeitslohn. Vorliegend deuteten die objektiven Umstände der Zuwendung darauf hin, dass diese in Anerkennung der vom Kläger geleisteten Arbeit erfolgt war. Dies wurde auch dadurch deutlich, dass alle Arbeitnehmer der GmbH eine Zuwendung von der ehemaligen Konzernmutter erhalten hatten, dass die Zuwendungen zusammen mit den Bonuszahlungen für die erweiterte Geschäftsführung ausgezahlt worden waren und dass die Zuwendungen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des Anteilsveräußerungsvertrags standen.

Konsequenz
Für die Qualifizierung von einem Arbeitnehmer gewährten Vorteilen als Arbeitslohn ist es nicht erforderlich, dass sie eine Gegenleistung für eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers sind. Ebenfalls unmaßgeblich ist, dass der Arbeitnehmer auf die Zuwendung in der Regel keinen arbeitsvertraglichen oder sonstigen Anspruch hat. Voraussetzung ist lediglich, dass sich die Zuwendung für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht.

2. Erster (ernst zu nehmender) Angriff auf die Erbschaftsteuerreform

Rechtslage
Die zum 1.1.2009 in Kraft getretene und zum 1.1.2010 (zum Teil rückwirkend) überarbeitete Erbschaftsteuerreform begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies insbesondere im Hinblick auf die steuerliche Behandlung von entfernteren Verwandten, die die Reform durch höhere Steuersätze (besonders im Jahr 2009) zum Teil gegenfinanzieren, und die weiterhin bestehende Ungleichbehandlung unterschiedlicher Vermögensarten. Bisher gab es vereinzelt Versuche, die Erbschaftsteuerreform unmittelbar anzugreifen, die jedoch gescheitert sind. Nunmehr ist beim Bundesfinanzhof (BFH) das erste, durch den Instanzenzug gegangene, Verfahren über verfassungsrechtlich bedenkliche Teile der Erbschaftsteuerreform rechtshängig. Den Rechtsstreit will der BFH offenbar dazu nutzen, die Erbschaftsteuerreform einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zuzuführen.

Sachverhalt
Der Erbe war Neffe des Erblassers. Er erwarb 2009 (anteilig) einen Nachlass, der aus Barvermögen und einem Steuererstattungsanspruch bestand. Die Finanzverwaltung bewertete den nur aus Kapitalforderungen bzw. Barvermögen bestehenden Nachlass mit dem Nominalwert und setzte nach der Rechtslage 2009 Erbschaftsteuer mit einem Steuersatz von 30 % in der Steuerklasse II fest. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Erbe geltend, es sei verfassungswidrig, dass das geerbte Vermögen im Vergleich zu beispielsweise Betriebsvermögen erbschaftsteuerlich nicht privilegiert sei und er außerdem einem Steuersatz wie jeder fremde Dritte unterfalle. Er unterlag vor dem Finanzgericht. Aufgrund seiner Revision forderte der BFH das Bundesministerium der Finanzen nunmehr auf, dem Rechtsstreit beizutreten.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hat die Aufforderung an das Bundesministerium der Finanzen ausgesprochen, um folgende Fragen durch Stellungnahmen und Erfahrungswerte des Ministeriums zu klären: a) Verfassungsmäßigkeit der Gleichstellung entfernterer Angehöriger der Steuerklasse II mit fremden Dritten der Steuerklasse III im Jahre 2009 und b) Verfassungsmäßigkeit von Betriebsvermögensprivilegierungen der Erbschaftsteuerreform. Denn diese ermöglichen es durch Gestaltungen, die Steuerfreiheit von Vermögenserwerben zu erreichen, und zwar unabhängig von der Zusammensetzung des Vermögens und dessen Bedeutung für das Gemeinwohl. Gleichzeitig hat der BFH angekündigt, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, soweit Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestünden.

Konsequenz
Während die bisherigen Versuche, die Erbschaftsteuerreform vor Gerichten anzugreifen, von vorneherein ohne große Aussicht auf Erfolg waren, zeigt die Entscheidung des BFH, dass es den Richtern ernst mit der Verfassungsprüfung der Erbschaftsteuerreform ist. Dies bedeutet zugleich, dass Erbschaftsteuerbescheide mit Einspruch und Verweis auf die Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuerreform angegriffen und offen gehalten werden sollten.

3. Verbilligte Überlassung von Wohnung immer Sachbezug?

Kernproblem
Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören auch Sachbezüge, die der Arbeitgeber aus dem Dienstverhältnis gewährt. Solche sogenannten geldwerten Vorteile finden sich in der Praxis häufig in der Gestellung eines Dienstwagens. Auch die verbilligte Überlassung einer Wohnung durch den Arbeitgeber kann einen solchen Vorteil darstellen. Aber wann ist von einer "Verbilligung" auszugehen? Reichen hierfür bereits Lücken bei der Weiterbelastung von Nebenkosten aus, obwohl die Miete wie unter Fremden vereinbart ist? Mit dieser Thematik hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt auseinandergesetzt.

Sachverhalt
Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts war Eigentümerin von 68 Wohnungen, die sie an Mitarbeiter und fremde Dritte vermietete. Die ortsübliche Miete wurde turnusmäßig von einem öffentlich bestellten Gutachter ermittelt und die dabei festgestellten Mietwerte umgehend angepasst. Nebenleistungen blieben in dem Gutachten unberücksichtigt. Das Finanzamt stellte bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung fest, dass die Kosten für Hausversicherungen, Grundsteuer und Straßenreinigung nicht abgerechnet wurden und wertete dies als geldwerten Vorteil. Die Vermieterin verwies auf die Gleichbehandlung von 22 fremdvermieteten Wohnungen und dem Ziel einer Standardisierung der Nebenkostenabrechnungen. Das Finanzamt lehnte das Argument mit der Begründung ab, dass der Anteil an Fremdmietern nur 7,5 % betrage, weil ehemalige Arbeitnehmer nicht als Fremdmieter anzusehen seien. Der Fremdvergleich erfordere einen hören Anteil. Das Finanzgericht stützte die Auffassung des Finanzamts u. a. auch deswegen, weil der Anteil unter 10 % lag.

Entscheidung
Der BFH hat die Sache zur weiteren Untersuchung an das Finanzgericht zurückverwiesen. Von einer verbilligten Überlassung sei nur auszugehen, soweit die tatsächlich erhobene Miete zusammen mit den tatsächlich abgerechneten Nebenkosten die ortsübliche Miete (Kaltmiete plus umlagefähige Nebenkosten) unterschreite. Als ortsüblich sei jeder Mietwert anzusehen, den der Mietspiegel im Rahmen einer Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweise. Eine verbilligte Überlassung müsse zudem ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis haben. Der Fremdvergleich bleibe hierfür ein gewichtiges Indiz. Es könne jedoch nicht typisierend davon ausgegangen werden, dass bei einem unter 10 % liegenden Anteil an fremdvermieteten Wohnungen ein Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis bestehe.

Konsequenz
Die Betrachtungsweise des BFH ermöglicht die Verrechnung einer über der Untergrenze liegenden Kaltmiete mit den nicht erhobenen Nebenkosten. Aufgrund der Ausführungen des BFH ist zu vermuten, dass auch im Fall eines Unterschreitens die Einschaltung des Gutachters, der Fremdvergleich und der Wille zur Vereinheitlichung den Ausschlag zugunsten des Arbeitgebers geben.

4. Sind Fremdgeschäftsführer und Vorstände unionsrechtlich Arbeitnehmer?

Rechtslage
Eine Vielzahl arbeitnehmerschützender Regelungen ist europarechtlich kodifiziert. Darunter fallen insbesondere Regelung des Diskriminierungsschutzes und grundlegende Arbeitnehmerschutzvorschriften (hier: Mutterschutz). Dabei gilt, dass sich diese europarechtlichen Regelungen nach dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff richten. Nach deutschem Arbeitnehmerbegriff sind Mitglieder eines Vertretungsorgans einer Kapitalgesellschaft, insbesondere der GmbH-Geschäftsführer, in keinem Fall als Arbeitnehmer anzusehen, weil der Geschäftsführer Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt. Entsprechend kann der Geschäftsführer auch keine Arbeitnehmerschutzrechte in Anspruch nehmen. Für den Bereich des Mutterschutzes hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf eine lettische Vorlagefrage hin darüber zu entscheiden, ob die Kündigung bzw. die Abberufung einer schwangeren Geschäftsführerin aufgrund geltender Mutterschutzvorschriften wirksam sein kann.

Sachverhalt
Die Klägerin war (für 3 Jahre) zur Geschäftsführerin einer Kapitalgesellschaft berufen, ohne an deren Kapital beteiligt zu sein (sogenannte Fremd-Geschäftsführerin). Ob ein schuldrechtlicher Anstellungsvertrag bestand, war zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls erhielt die Geschäftsführerin eine Vergütung und hatte Urlaubsansprüche. Als die Schwangerschaft der Klägerin bekannt wurde, berief das Aufsichtsgremium der Kapitalgesellschaft die Geschäftsführerin ab, was gleichbedeutend mit der Kündigung eines etwaigen Anstellungsvertrages war. Nach lettischem Recht war insbesondere die Abberufung jederzeit uneingeschränkt zulässig. Die Klägerin machte geltend, sie sei alleine wegen ihrer Schwangerschaft in diskriminierender Weise und unter Verstoß gegen unionsrechtlichen Mutterschutz abberufen bzw. gekündigt worden.

Entscheidung
Der EuGH gab der Klägerin Recht. Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff sei dadurch gekennzeichnet, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringe, für die sie eine Vergütung erhalte. Dass das lettische Recht das Verhältnis zwischen Mitglied der Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft und Kapitalgesellschaft nicht als Arbeitsverhältnis einstufe, sei für die unionsrechtliche Einordnung nicht maßgeblich. Vor diesem Hintergrund sei für Zwecke der Gewährung unionsrechtlichen Mutterschutzes die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft zu bejahen. Die Arbeitnehmereigenschaft bestehe, wenn das Leitungsmitglied der Gesellschaft gegenüber Leistungen erbringe und in sie eingegliedert sei, wenn es seine Tätigkeit für eine bestimmte Zeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft ausübe und als Gegenleistung für die Tätigkeit ein Entgelt erhalte. Zudem wies der EuGH darauf hin, dass eine nationale Regelung, die eine Kündigung eines schwangeren Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft erlaube, wegen des unionsrechtlichen Diskriminierungsverbots selbst dann unzulässig sein könnte, wenn das Mitglied der Unternehmensleitung nicht unter den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff fiele.

Konsequenz
Die Entscheidung hat auch Auswirkungen für Deutschland, das in seinen nationalen Regelungen mit den im Verfahren vor dem EuGH streitgegenständlichen lettischen Gesetzesregelungen zumindest vergleichbar ist. Konkret bedeutet dies, dass jedenfalls weibliche Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft und Fremdgeschäftsführerinnen einer GmbH unter den Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes fallen. Ob sie mit allen Konsequenzen als Arbeitnehmerinnen anzusehen sind, ist nicht abschließend festgestellt; allerdings geht die Ansicht des EuGH wohl in diese Richtung.

5. Bundesfinanzhof klärt Zeitpunkt der Zuordnung zum Unternehmensvermögen

Kernaussage
Unternehmer können die Vorsteuer aus dem Erwerb eines gemischt genutzten Grundstücks geltend machen, sofern sie dieses dem Unternehmensvermögen zuordnen. Die Zuordnungsentscheidung muss im Zeitpunkt des Leistungsbezugs erfolgen. Umstritten war bisher, bis zu welchem Zeitpunkt diese Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt offen zu legen ist. Die Finanzverwaltung verlangte dies schon mit Abgabe der Voranmeldungen. Der Bundesfinanzhof ist jedoch anderer Auffassung.

Sachverhalt
Der als Bezirksschornsteinfeger unternehmerisch tätige Kläger und seine Ehefrau errichteten im Jahr 2003 ein Gebäude auf einem ihnen jeweils hälftig gehörenden Grundstück. 41,5 % der gesamten Nutzfläche entfielen auf das vom Kläger für sein Unternehmen genutzte Büro, der Rest war eigene Wohnfläche der Eheleute. Der Kläger aktivierte in seiner Bilanz für das Jahr der Errichtung den betrieblich genutzten Gebäudeteil nur mit Nettowerten; die in diesem Jahr in Rechnung gestellten Vorsteuern erklärte er erstmals und vollständig in seiner am Ende des Folgejahres (Streitjahr 2004) beim beklagten Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 2003. Die im Streitjahr entstandenen Vorsteuern machte der Kläger ebenfalls nicht im Rahmen der Voranmeldung, sondern erst in der Jahreserklärung 2004 geltend. Die Parteien stritten fortan darüber, ob der Kläger eine rechtzeitige Entscheidung zugunsten einer Zuordnung der Gebäudes zu seinem Unternehmen getroffen hatte.

Entscheidung
Nach Ansicht der Bundesfinanzrichter reicht es aus, wenn die Zuordnungsentscheidung in der Jahreserklärung dokumentiert wird. Dies gilt aber nur, wenn die Erklärung innerhalb der gesetzlichen Abgabefrist, d. h. bis zum 31.5. des Folgejahres, abgegeben wird.

Konsequenz
Das Urteil stellt für die Betroffenen und deren Berater zunächst eine erhebliche Vereinfachung dar, da nun die Gefahr gebannt ist, durch mangelnde Dokumentation der Zuordnung im Rahmen der Voranmeldungen den Vorsteuerabzug zu verlieren. Zu beachten ist allerdings Folgendes: Das Urteil betrifft die Rechtslage vor 2011 (Seeling-Modell). Ab 2011 ist es nicht mehr möglich, zunächst den kompletten Vorsteuerabzug für das gesamte Gebäude vorzunehmen, sondern nur noch, soweit dieses zu Umsätzen genutzt wird, die einen Vorsteuerabzug zulassen. Dennoch sollte unverändert das komplette Grundstück dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden. Dies ermöglicht später noch einen anteiligen Vorsteuerabzug, wenn die unternehmerische Nutzung des Grundstücks ausgeweitet wird. Die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung ist daher unverändert wichtig und muss zwingend bis zum 31.5. des Folgejahres erfolgen. Danach ist sie nicht mehr möglich. Fristverlängerungen, die zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung gewährt werden, sind insoweit irrelevant. Auch ist es nicht möglich, bis zur formellen Bestandskraft des ergehenden Umsatzsteuerbescheides, die getroffene Zuordnungsentscheidung zu ändern. In der Praxis werden die Erklärungen häufig erst nach dem 31.5. des Folgejahres erstellt. Hier muss die Zuordnungsentscheidung dann dem Finanzamt, z. B. durch ein separates Anschreiben, bis zum Ablauf der Frist mitgeteilt werden. Unabhängig hiervon kann Steuerpflichtigen nur geraten werden, schon bei Planung einer Investition in eine Immobilie steuerlichen Rat einzuholen. Nur so können irreversible steuerliche Schäden vermieden werden. Die zu späte Zuordnung zum Unternehmensvermögen ist nur eine von vielen möglichen Fehlerquellen.

6. Zeitschriftenverlage: Sind vergünstigte Abos für Mitarbeiter umsatzsteuerpflichtig?

Kernaussage
Verbilligte Lieferungen an Arbeitnehmer stehen regelmäßig im Fokus von Betriebsprüfungen. Fraglich ist zunächst, ob diese Lieferungen überhaupt der Umsatzsteuer unterliegen. Sind sie umsatzsteuerbar, ist die Höhe der Bemessungsgrundlage fraglich. In Betracht kommt hier zunächst das vereinbarte Entgelt. Ist dies jedoch niedriger als die Selbstkosten des Unternehmens, sind diese anzusetzen (Mindestbemessungsgrundlage).

Sachverhalt
Ein Verlag lieferte Tageszeitungen im Abonnement an seine Mitarbeiter. Strittig war die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer. Während das Finanzamt den Ansatz des regulären Abonnementpreises nebst Zustellgebühren verlangte, legte der Verlag lediglich 30 % hiervon der Umsatzsteuer zugrunde.

Neues Urteil
Der Bundesfinanzhof (BFH) stimmt dem Ansatz des Finanzamts zu. Er folgte der Argumentation des Verlags nicht, wonach die Abonnements primär unternehmerischen Zwecken dienten und die Zahlungen der Arbeitnehmer lediglich als nicht steuerbare Zuschüsse zu qualifizieren seien. Der Verlag hatte dies mit Auflagensteigerung, Information der Arbeitnehmer sowie Förderung der Corporate Identity begründet. Zum Ansatz des regulären Abonnementpreises nebst Zustellgebühren als Mindestbemessungsgrundlage kam der BFH, weil die Selbstkosten oberhalb dieses Preises lagen. Hier hatte der Verlag erfolglos den Ansatz der Grenzkosten gefordert, da mit jeder zusätzlichen Zeitung auch eine Werbeleistung an die Anzeigenkunden erbracht würde.

Konsequenzen
Das Urteil dürfte von der gesamten Verlagsbranche zu beachten sein. Abonnements an eigene Arbeitnehmer sind mit dem üblichen Abonnementpreis nebst Zustellkosten der Umsatzsteuer zu unterwerfen, unabhängig vom tatsächlich vom Arbeitnehmer gezahlten Preis. Nur wenn der Nachweis gelingt, dass die Selbstkosten unterhalb des Abonnementpreises liegen, können diese angesetzt werden. Dies ist jedoch bei Verlagen selten der Fall, da die Preise für ein Abonnement auch die Werbeeinnahmen aus Anzeigen berücksichtigen. Andere, wirtschaftlich durchaus nachvollziehbare Argumente, die einen geringeren Ansatz rechtfertigen könnten, wurden von den Klägern vorgebracht und vom BFH verworfen.

7. ELStAM-Einführung verschiebt sich

Hintergrund
In Deutschland wird die Einkommensteuer auf Arbeitslöhne durch unmittelbaren Einbehalt beim Arbeitgeber erhoben, der sie an das Finanzamt abführt. Um für jeden Arbeitnehmer die Lohnsteuer in zutreffender Höhe einbehalten zu können, wurde bislang die Lohnsteuerkarte, die alle notwendigen Informationen enthielt, benötigt. Weil das Lohnsteuerabzugsverfahren modernisiert wird, war die Lohnsteuerkarte 2010 die letzte, die von den Gemeinden gedruckt und ausgegeben wurde. Sie wird ab dem 1.1.2012 durch ein elektronisches Verfahren (ELStAM) ersetzt, behält aber für die Übergangszeit ihre Gültigkeit. Bei dem Verfahren werden die Besteuerungsmerkmale aller Arbeitnehmer in einer zentralen Datenbank (ELStAM = Elektronische Lohnsteuer-Abzugs-Merkmale) erfasst.

Ablauf des ELStAM-Verfahrens
Beim ELStAM-Verfahren muss der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber künftig zu Beginn einer neuen Beschäftigung einmalig sein Geburtsdatum und seine steuerliche Identifikationsnummer angeben und mitteilen, ob es sich um ein Haupt- oder Nebenverhältnis handelt. Mithilfe dieser Informationen kann der Arbeitgeber die benötigten Daten für den Lohnsteuerabzug elektronisch bei der Finanzverwaltung abrufen. Hat das Arbeitsverhältnis bereits in 2011 bestanden, liegen dem Arbeitgeber die für den Abruf erforderlichen Informationen in der Regel bereits vor. Wenn sich an den steuerlichen Verhältnissen etwas ändert, z. B. durch Heirat eine neue Steuerklasse anzuwenden ist oder sich die Höhe eines Freibetrags geändert hat, werden die ELStAM neu gebildet und der Arbeitgeber erhält die Nachricht, dass neue Daten abzurufen sind.

Verzögerung bei der Einführung
Die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte wird auf Grund von technischen Verzögerungen nicht zum 1.1.2012 erfolgen. Ein weiterer Versuch soll voraussichtlich im 2. Quartal 2012 gestartet werden. Übergangsweise gelten die Besteuerungsmerkmale der Lohnsteuerkarten aus 2010 auch für das Jahr 2012.

Praxistipps
Die Finanzämter informieren bis Ende November 2011 alle Arbeitnehmer schriftlich über die gespeicherten Daten. In vielen Fällen entsprechen die Daten indes nicht (mehr) den tatsächlichen Verhältnissen. Die Arbeitnehmer sollten das Informationsschreiben ihres Finanzamts umgehend kontrollieren und unrichtige Merkmale noch in diesem Jahr korrigieren lassen. Der Antrag auf Korrektur kann telefonisch oder schriftlich erfolgen. Für das Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2012 müssen sämtliche antragsgebundenen Einträge und Freibeträge (wie z. B. Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Faktorverfahren, Hinzurechnungsbeträge) vom Arbeitnehmer neu beantragt werden. Anderenfalls unterbleibt eine Berücksichtigung. Ein Pauschbetrag für behinderte Menschen und Hinterbliebene sowie die Anzahl der Kinder müssen jedoch nur dann neu beantragt werden, wenn sie im o. g. Informationsschreiben nicht enthalten sind.

8. Ungleichbehandlung unehelicher Kinder im Erbrecht bleibt bestehen

Rechtslage
Die erbrechtliche Situation unehelicher Kinder im Verhältnis zum Vater hat über die letzten 50 Jahre hinweg erhebliche Änderungen erfahren. Waren uneheliche Kinder zunächst nicht erbberechtigt, erhielten sie zwischenzeitlich einen sogenannten Erbabgeltungsanspruch; heute sind sie ehelichen Kindern in vollem Umfang gleichgestellt. Nicht zuletzt aus historischen Gründen markierte aber der 1.7.1949 weiterhin eine Grenze in der erbrechtlichen Behandlung unehelicher Kinder. Sie hatten weiterhin kein Erbrecht nach ihrem Vater. Diese Praxis wurde durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beanstandet und vom deutschen Gesetzgeber im Jahr 2011 rückwirkend dahingehend gelöst, dass mit Wirkung nach dem 28.5.2009 (Datum der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte) auch vor dem 1.7.1949 geborene uneheliche Kinder mit leiblichen Kindern im Verhältnis zum Vater erbrechtlich gleich gestellt sind. D. h., der Erbfall des Vaters musste nach dem 28.5.2009 erfolgt sein. Es war am Bundesgerichtshof, nunmehr die letzte Lücke zu schließen und die erbrechtliche Lage unehelicher Kinder, die vor dem 1.7.1949 geboren wurden, im Verhältnis zum Vater zu klären, wenn der Erbfall vor dem 28.5.2009 eintrat.

Sachverhalt
Der 1940 unehelich geborene Kläger machte - gestützt auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - Pflichtteilsansprüche nach seinem im Jahre 2006 verstorbenen Vater geltend. Die rückwirkende Gleichstellung für Erbfälle ab dem 29.5.2009 sei verfassungswidrig.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof wies die Klage (wie die Vorinstanzen) ab. Es sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt gewesen, dass der Gesetzgeber eine Gleichstellung von vor dem 1.7.1949 geborenen unehelichen Kindern stichtagsbezogen erst ab dem 29.5.2009 vorgesehen habe. Insbesondere das grundrechtlich geschützte Vertrauen von Erblassern auf den Bestand und die Wirksamkeit ihrer letztwilligen Verfügungen rechtfertige es, die Gleichstellung erst ab dem Tag anzunehmen, an dem sich die Rechtslage verbindlich geändert habe. Hier hinter hätten die verfassungsrechtliche geschützten Pflichtteilsrechte des unehelichen Kindes zurück zu stehen. Darüber hinaus war der Bundesgerichtshof der Auffassung, dass sich der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht entnehmen lasse, dass der Gesetzgeber seine Rückwirkung auch vor die Zeit der Entscheidung ausdehnen müsse.

Konsequenz
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sorgt für Rechtsklarheit. Für Erbfälle ab dem 29.5.2009 sind auch vor dem 1.7.1949 geborene uneheliche Kinder im Verhältnis zu ihrem Vater erbrechtlich gleichgestellt. Das bedeutet auch, dass deren Ansprüche in sämtlichen Erbfällen nach dem 29.5.2009 noch geltend gemacht werden können. Ob die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nochmals angegriffen wird (entweder beim Bundesverfassungsgericht oder beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte), um die vollständige Gleichstellung zu erstreiten, bleibt abzuwarten.

9. Betriebsratsmitglieder müssen nicht in unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden

Kernfrage
Mitglieder des Betriebsrats sowie vergleichbarer betriebsverfassungsrechtlicher Einrichtungen (z. B. Auszubildendenvertretung) genießen besonderen arbeitsrechtlichen Schutz. Insbesondere schützt das Betriebsverfassungsgesetz Betriebsratsmitglieder davor, dass sie alleine wegen ihrer Betriebsratstätigkeit gegenüber anderen Mitarbeitern benachteiligt werden. Das Landesarbeitsgericht Berlin hatte über die Voraussetzungen und Abgrenzungsfragen einer solchen (vermeintlichen) Benachteiligung zu entscheiden.

Sachverhalt
Der Kläger war Betriebsratsmitglied und befristet beim Arbeitgeber angestellt. Am Ende der Befristung wurde der Arbeitnehmer nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen, was bei anderen Arbeitnehmern - darunter auch Mitglieder des Betriebsrats - aber erfolgte. Mit seiner Klage machte er einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend, weil er alleine wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht übernommen worden sei.

Entscheidung
Das Gericht wies die Klage ab. Zwar könnten Betriebsratsmitglieder den vom Kläger geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch haben; insbesondere dann, wenn andere "normale" Arbeitnehmer in unbefristete Arbeitsverhältnisse übernommen würden. Allerdings konnte der Kläger hier nicht darlegen, dass es in seiner Person zu einer Benachteiligung gekommen sei, weil der Arbeitgeber andere, zunächst befristet angestellte Betriebsratsmitglieder in unbefristete Arbeitsverhältnisse übernommen hatte.

Konsequenz
Die Entscheidung spielt im Bereich der Darlegungs- und Beweispflichten, innerhalb derer der Kläger die erforderliche Benachteiligung nicht beweisen konnte. Zu beachten ist aber, dass sich die Sache "gedreht" hätte, wenn der Arbeitgeber kein Betriebsratsmitglied unbefristet übernommen hätte.

10. Finanzamt verzeiht keine Fehler bei Steuersoftware

Kernproblem
Aufgrund der Komplexität des Steuerrechtes greifen viele Steuerpflichtige zur Steuererklärungssoftware, um ihre Einkommensteuererklärung zu erstellen. Doch auch bei Nutzung dieser Programme ist die fertige Einkommensteuererklärung häufig nicht korrekt. Entweder arbeiten die Programme selbst nicht immer fehlerfrei, wie diverse Tests dokumentieren, oder der Anwender übersieht wichtige Details. Was passiert aber nun, wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen auf das Programm Fehler zu seinen Lasten begeht? Steuerpflichtige können eine Korrektur eines bestandskräftigen Steuerbescheides zu ihren Gunsten nur dann beantragen, wenn sie kein grobes Verschulden hinsichtlich des Grundes der Korrektur trifft.

Sachverhalt
Die Kläger erstellten ihre Einkommensteuererklärung 2008 mit einer handelsüblichen Software. Hierbei übersahen sie den Abzug für entstandene Kinderbetreuungskosten. Etwa ½ Jahr nach Ergehen des Bescheids beantragten sie nachträglich deren Berücksichtigung. Das Finanzamt verweigerte dies. Es sah hierin ein grobes Verschulden der Kläger, da das entsprechende Formular (Anlage K) auf die Kinderbetreuungskosten hinweise. Dem widersprachen die Kläger und beriefen sich u. a. auf die verwirrenden steuerlichen Vorschriften, den Stress durch erneuten Nachwuchs sowie auf den Umstand, dass die genutzte Software die Anlage K nicht automatisch anzeige, sondern über ein eigenes Menü durch die Erklärung führe.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz gab dem Finanzamt Recht. Demnach weist die Anlage K sowohl in Papierform als auch im Elster-Programm der Finanzverwaltung ausreichend auf die Kinderbetreuungskosten hin. Wer sich dieser, von der Finanzverwaltung bereitgestellten Möglichkeit zur Abgabe der Steuererklärung nicht bedient, muss sich die Fehler, die durch Nutzung eines Softwareprogramms entstehen, als eigenes grobes Verschulden anrechnen lassen.

Konsequenz
Das FG behandelt die Nutzung von Steuersoftware genauso, wie die Beauftragung eines steuerlichen Beraters. Fehler der Software werden dem Steuerpflichtigen zugerechnet. Allerdings haften Steuerberater für Schäden. Ob hingegen die Softwarehersteller für Fehler oder schwer verständliche Programme zur Rechenschaft gezogen werden können, dürfte fraglich sein. Zudem ist zu beachten, dass Fehler der Software den Nutzern in der Regel gar nicht auffallen, da die Steuerbescheide das wiedergeben, was die Nutzer deklariert haben. Ihre Nutzung ist daher nicht gänzlich ohne Risiko.

11. Vorsicht bei Vermietung zwischen Ehegatten

Kernaussage
Aktuell hatte sich der Bundesfinanzhof (BFH) wieder einmal mit einem umsatzsteuerlichen Dauerbrenner zu befassen: Wenn 2 Ehegatten ein Haus errichten und einer der Ehegatten einen Teil des Hauses unternehmerisch nutzen will, stellt sich die Frage, wie der Vorsteuerabzug optimiert werden kann.

Sachverhalt
Die Kläger (Ehegatten) errichteten ein Haus auf einem dem Ehemann sowie der Ehefrau jeweils zur Hälfte gehörenden Grundstück. Ca. 40 % des Gebäudes nutzte der Ehemann als Büro, den Rest nutzten die Ehegatten privat. Die Ehefrau vermietete ihren (zivilrechtlich) hälftigen Miteigentumsanteil unter Option zur Umsatzsteuer an ihren Ehegatten. Ziel der Vermietung war es, den Abzug der Vorsteuer für die Grundstücksteile zu erreichen, die der Ehefrau zuzurechnen waren (Seeling-Modell). Für den Ehemann sollte so keine zusätzliche Belastung entstehen, da er zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Strittig war zunächst nicht der Vorsteuerabzug, sondern die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer für die Eigennutzung der privaten Räume. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg, weil dies den Vorsteuerabzug grundsätzlich in Frage stellte, da die notwendige Zuordnung zum Unternehmensvermögen zu spät erfolgt sei. Der Fall landete daraufhin beim BFH.

Entscheidung
Entgegen der Vorinstanz kommt der BFH zu einem Ergebnis, das nicht nur die Ehegatten überrascht haben dürfte. Laut Ansicht der Richter lag umsatzsteuerlich überhaupt keine Vermietung zwischen den Ehegatten vor, weil dem Ehemann nicht vermietet werden konnte, was ihm zuvor schon geliefert wurde. Der BFH bezieht sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach in solchen Fällen schon mit der Herstellung bzw. Anschaffung des Objekts eine Lieferung direkt an den Unternehmerehegatten erfolgt, sofern dessen unternehmerische Nutzung (hier: 40 %) nicht seinen Miteigentumsanteil (hier: 50 %) übersteigt.

Konsequenz
Die Ehefrau wurde durch die zivilrechtliche Vermietung nicht zur Unternehmerin. Da sie jedoch Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte, schuldete sie diese auch. Ihrem Ehemann stand jedoch kein Vorsteuerabzug hieraus zu. Allein das im Revisionsverfahren geltende Verböserungsverbot verhinderte letztendlich noch Schlimmeres für die Ehegatten. Für die Praxis ist zu beachten, dass die vorliegende Gestaltung zumindest vor Ergehen des EuGH-Urteils nicht unüblich war. Für die Zukunft sollte von solchen Gestaltungen Abstand genommen werden. Allerdings ist unklar, ob der BFH zu dem gleichen Ergebnis gekommen wäre, wenn die Vermietung durch die Miteigentümergemeinschaft erfolgt wäre.

12. Anforderungen an handschriftliche Zusätze zu einem Testament

Kernaussage
Wird ein vorschriftsmäßig unterschriebenes handschriftliches Testament durch eine Bedingung hinter der Unterschrift ergänzt, ist dieser Zusatz in der Regel unwirksam, sofern dieser keine neue Unterschrift trägt. Nur wenn der Zusatz zu dem übrigen Text einen engen Bezug hat, kann eine erneute Unterschrift entbehrlich sein. Dies ist etwa der Fall, wenn das Testament ohne die Ergänzung lückenhaft, unvollständig oder undurchführbar ist und der Erblasserwille nur aus beiden Erklärungen ersichtlich wird.

Sachverhalt
Der Erblasser ist im Juni 2010 im Alter von 67 Jahren verstorben. Er hatte ein handschriftliches unterschriebenes Testament gefertigt, in dem er seine Lebensgefährtin als Alleinerbin einsetzte. Seine 4 Kinder wurden nicht bedacht. Wenige Monate nach der Testamentserrichtung hatte er den Text unter der Unterschrift ergänzt und als Bedingung aufgenommen, dass die alleinige Erbin ein gleichlautendes Testament zu Gunsten des Erblassers verfassen müsse. Auf der Rückseite wurde vermerkt, dass das Testament noch nicht gültig sei, da die Lebensgefährtin kein entsprechendes Testament verfasst habe. Der Lebensgefährtin wurde trotzdem vom Nachlassgericht der beantragte Erbschein erteilt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der 4 Kinder.

Entscheidung
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Lebensgefährtin des Erblassers ist Erbin geworden. Die dem Testament zugefügte Bedingung ist nicht formwirksam, weil sie nicht unterschrieben ist. Die Unterschrift muss grundsätzlich am Schluss des Textes stehen, um die Identifikation des Erblassers zu ermöglichen und den Urkundentext räumlich abzuschließen und damit von nachträglichen Ergänzungen abzusehen. Die Ausnahme von diesem Formerfordernis, dass der Zusatz und der vorstehende Text ein unteilbares Ganzes bilden, liegt nicht vor. Bei dem nicht unterschriebenen Zusatz handelt es sich nicht um eine Ergänzung oder Erläuterung eines für sich lückenhaften Testaments oder gar um einen teilweisen Widerruf, sondern um eine Abänderung der ursprünglich getroffenen Regelung.

Konsequenz
Bereits eine Vielzahl von Entscheidungen beschäftigt sich mit den Anforderungen, die an die Form eines Testaments zu stellen sind. Das vorliegende Urteil fügt sich in die bisherige Rechtsprechung ein und zeigt erneut, dass nur in Ausnahmefällen ein Zusatz ohne Unterschrift wirksam ist. Zur Vermeidung von Streitigkeiten sollten alle Zusätze in letztwilligen Verfügungen stets mit Unterschrift und Datum versehen werden.

13. Besteuerung von Erstattungszinsen zulässig?

Kernaussage
Bei summarischer Prüfung bestehen - zumindest für den Veranlagungszeitraum 2008 - ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung von Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Diese Ansicht vertrat aktuell das Finanzgericht Düsseldorf.

Sachverhalt
Die Antragsteller wurden im Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und stritten mit dem Finanzamt darüber, ob die Erfassung von Erstattungszinsen im Veranlagungszeitraum 2008 als Einnahmen aus Kapitalvermögen rechtmäßig ist. Nach Ansicht des Finanzamts gehören Erstattungszinsen zu den steuerpflichtigen Kapitalerträgen. Dies deshalb, weil der Gesetzgeber auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus 2010 (hier wurden Erstattungszinsen dem nicht steuerbaren Bereich zugeordnet) im Rahmen des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 reagiert und eine gesetzliche Klarstellung und Festschreibung der früheren Rechtsprechung vorgenommen hat. Diese Klarstellung soll rückwirkend in allen noch offenen Fällen gelten. Die Antragsteller erhoben Einspruch und beantragten Aussetzung der Vollziehung. Der Einspruch ruht zurzeit kraft Gesetzes wegen eines noch anhängigen BFH-Verfahrens. Der vom Finanzamt abgelehnten Aussetzung der Vollziehung gab das Finanzgericht im Eilverfahren wegen unsicherer Rechtslage statt.

Entscheidung
Nach Ansicht des Gerichts sprechen gewichtige Gründe sowohl für als auch gegen die Rechtmäßigkeit der Besteuerung und die Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Normen. Für die Rechtmäßigkeit spreche, dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach der Regelung des JStG 2010 hier erfüllt sein dürften und diese Klarstellung nach der gesetzlichen Anwendungsregelung und der Gesetzesbegründung rückwirkend in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen anzuwenden ist. Dagegen spreche allerdings, dass der BFH in seinem Urteil aus 2010 der Auffassung ist, dass Erstattungszinsen zur Einkommensteuer den Steuerpflichtigen nicht im Rahmen einer steuerbaren Einkunftsart zufließen. Darüber hinaus könne nach summarischer Prüfung nicht ausgeschlossen werden, dass die gesetzlichen Neuregelungen - zumindest für das Streitjahr 2008 - gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen.

Konsequenz
Diese Fragestellungen konnten im Aussetzungsverfahren durch das FG Düsseldorf nicht abschließend geklärt werden. Es bleibt abzuwarten, wie der BFH zu diesem Themenkomplex Stellung beziehen wird.

14. Elternzeit kann nur mit Zustimmung des Arbeitgebers verlängert werden

Rechtslage
Nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) müssen Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, gegenüber dem Arbeitgeber erklären, für welche Zeiträume innerhalb von 2 Jahren Elternzeit genommen werden soll. Die so festgelegte Elternzeit kann der Arbeitnehmer nur verlängern, wenn der Arbeitgeber zustimmt.

Sachverhalt
Die Klägerin arbeitete seit 2005 in Vollzeit bei dem beklagten Arbeitgeber. Nach der Geburt ihres fünften Kindes in 2008 nahm sie für ein Jahr Elternzeit in Anspruch. Kurz vor Ablauf der Elternzeit bat sie den Arbeitgeber unter Berufung auf ihren Gesundheitszustand erfolglos, der Verlängerung der Elternzeit um ein weiteres Jahr zuzustimmen. Als die Klägerin nach dem regulären Ende der Elternzeit ihre Arbeit nicht wieder aufnahm, mahnte der Arbeitgeber sie wegen unentschuldigten Fehlens ab. Mit der hiergegen gerichteten Klage war die Klägerin zunächst vor dem Arbeitsgericht erfolgreich; der Arbeitgeber wurde verurteilt, der Verlängerung der Elternzeit zuzustimmen und die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Die Richter der zweiten Instanz sahen dies anders und billigten dem Arbeitgeber zu, seine Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs zu verweigern. Danach sei die Abmahnung berechtigt gewesen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab schließlich wieder der Klägerin Recht.

Entscheidung
Die Richter der zweiten Instanz werden sich nochmals mit der Sache beschäftigen müssen. Ein Arbeitgeber muss nämlich nach billigem Ermessen darüber entscheiden, ob er der Verlängerung der Elternzeit zustimmt. Ob dabei im vorliegenden Fall alle wichtigen Umstände berücksichtigt wurden, muss das Untergericht noch klären und sodann erneut entscheiden, ob die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen ist.

Konsequenz
Ein Arbeitgeber darf jedenfalls nicht völlig frei über die Verlängerung einer Elternzeit entscheiden. Vielmehr muss er zwischen seinen und den Interessen des Arbeitnehmers abwägen und alle relevanten Faktoren in seine Entscheidung einbeziehen. Eine unvorhergesehene Entwicklung in der Lebensplanung des Arbeitnehmers muss demnach z. B. ebenso berücksichtigt werden wie eventuell auslaufende befristete Verträge.

15. Prüfungspflicht einer Bank in Bezug auf die Erbenstellung

Kernaussage
Zum Nachweis der Erbenlegitimation muss die Bank keinen Erbschein verlangen, wenn ihr ein notariell beurkundetes und eröffnetes Testament vorgelegt wird. Dies gilt selbst dann, wenn der Bank widersprechende letztwillige Verfügungen vorgelegt werden. Ergibt sich nämlich kein zwingender Widerspruch, darf sich die Bank auf das Testament verlassen, denn eine Auslegung kann in ihrem Tagesgeschäft nicht verlangt werden.

Sachverhalt
Der Kläger ist durch einen notariell beurkundeten Erb- und Verzichtsvertrag seiner Eltern aus dem Jahr 1980 Alleinerbe seines im Jahr 2005 letztverstorbenen Vaters. Der Erbvertrag enthält eine Vorbehaltsklausel zugunsten des Erblassers, wonach eine Abänderung, Aufhebung oder neue einseitige Verfügungen von Todes wegen zulässig bleiben. Im Jahr 2004 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament zugunsten seiner Lebensgefährtin als Alleinerbin. Bei der beklagten Bank unterhielt der Erblasser ein Depot mit Fondsanteilen im Wert von 80.000 EUR. Unter Vorlage des notariellen Testaments sowie des Erb- und Verzichtsvertrages durch die Lebensgefährtin übertrug die Beklagte dieser die Fondsanteile. Der Kläger verlangt von der Bank Schadensersatz in Höhe des Wertes der Fondsanteile sowie weiteren entgangenen Gewinn wegen Verletzung der Prüfpflichten aus dem Depotvertrag. Das Landgericht gab der Klage statt. Die dagegen gerichtete Berufung der Bank vor dem Oberlandesgericht hatte Erfolg.

Entscheidung
Die Regelungen des Depotvertrages enthalten für die Beklagte das Recht, die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen. Eine Pflicht kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die unterschiedlichen Regelungen des Erbvertrages und des Testaments begründen auch keine Prüfungspflicht hinsichtlich der Erbenlegitimation durch die Bank. Es ist nämlich zulässig, dass die Parteien in dem Erbvertrag dem Erblasser das Recht vorbehalten, in einer späteren letztwilligen Verfügung abweichende Bestimmungen zu treffen, solange der Erbvertrag durch diesen Vorbehalt nicht gänzlich ins Leere geht. Eine solche Prüfungspflicht kann im Tagesgeschäft der Banken nicht gefordert werden. Da beide Verfügungen vor demselben Notar beurkundet wurden und dieser verpflichtet ist, deren rechtliche Zulässigkeit und Wirksamkeit zu prüfen, durfte die Bank auf die Wirksamkeit des Testaments vertrauen.

Konsequenz
Der Erbschein bekundet als formalisierter Nachweis, wer Erbe ist und welchen Verfügungsbeschränkungen dieser unterliegt. Wird die Vorlage eines Erbscheins in das Ermessen einer Bank gestellt, liegt das Risiko bei Zahlung an den Scheinerben gemäß diesem Urteil grundsätzlich beim Erben.

16. Erwerb unverkörperter Mitgliedschaftsrechte an einer AG

Kernaussage
Durch den Erwerb fehlerhaft bezeichneter Nennbetragsaktien anstelle von satzungsgemäß vorgeschriebenen Stückaktien, werden Mitgliedschaftsrechte an einer Aktiengesellschaft begründet. Entscheidend ist nämlich nicht das formal Erklärte sondern das wirtschaftlich Gewollte und tatsächlich Bewirkte. Die Verbriefung des Mitgliedschaftsrechts in Gestalt von Aktienurkunden hat somit lediglich deklaratorische Bedeutung.

Sachverhalt
Eine Aktiengesellschaft (AG) wurde 1999 mit einem Grundkapital von 50.000 EUR, eingeteilt in 50.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien, gegründet. In der Folge stellte die AG verbriefte Aktienurkunden her, die mit einem als "Nennbetrag" bezeichneten Wert versehen und an die Aktionäre ausgegeben wurden. Im Januar 2001 vereinbarte der Kläger mit der AG, sich für 1,2 Mio. DM im Umfang von 1,5 % (entsprechend 750 Aktien) an der AG zu beteiligen. Der Kläger erhielt im Februar 2001 eine Aktienurkunde der AG im "Nennbetrag" von 250 EUR sowie im März 4 Aktienurkunden im "Nennbetrag" von jeweils 125 EUR ausgehändigt. Der Kläger veräußerte die Aktien mit Vertrag vom Februar 2002 zum Kaufpreis von 750 EUR an seine Schwester und machte beim Finanzamt einen Veräußerungsverlust von 612.800 EUR geltend, der ihm verwehrt wurde. Da das Grundkapital der AG in Stückaktien eingeteilt war, lag nach Auffassung des Finanzamts keine wirksame Verbriefung vor. Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht ab.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass dem Kläger der geltend gemachte Veräußerungsverlust zusteht, denn er hat seine Gesellschafterstellung bei der AG durch die Übereignung der "Nennbetragsaktien" im Februar und März 2001 erlangt. Diese Übereignung ist als formfrei mögliche und zivilrechtlich wirksame Abtretung der maßgeblichen Mitgliedschaftsrechte der AG auszulegen. Denn die Beteiligten wollten übereinstimmend die Gesellschafterstellung des Klägers begründen, so dass der Verbriefung der Mitgliedschaftsrechte lediglich deklaratorische Bedeutung zukommt. Deshalb kann eine mögliche Unrichtigkeit der Aktie den Erwerb nicht hindern. Durch die hier auch unter Familienangehörigen wirksame Übertragung der Beteiligung an der AG an seine Schwester verwirklicht der Kläger den einkommensteuerlich relevanten Veräußerungstatbestand und erzielte den geltend gemachten Verlust.

Konsequenz
Auch beim Erwerb von Aktien ist nicht an der tatsächlichen Formulierung zu haften; vielmehr sind der Wille der Beteiligten und die Begleitumstände zu würdigen.

17. Wann sind befristete Arbeitsverhältnisse älterer Arbeitnehmer wirksam?

Rechtslage
Nach dem bis zum 30.4.2007 geltenden Teilzeit-und Befristungsgesetz konnten mit älteren Arbeitnehmern (ab dem vollendeten 58. Lebensjahr) sachgrundlos befristete Arbeitsverträge geschlossen werden, es sei denn, es bestand ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit einem zuvor beendeten unbefristeten Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte vor dieser inzwischen geänderten Gesetzeslage in einem Altfall darüber zu entscheiden, ob auch mehrere vorangehende befristete Arbeitsverhältnisse die sachgrundlose Altersbefristung ausschließen konnten.

Sachverhalt
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin als Flugbegleiterin hatte mit Erreichen des 55. Lebensjahres tariflich geendet. Im Anschluss hatte die Klägerin auf dieser Grundlage mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit der Fluggesellschaft geschlossen. Mit ihrer Klage wandte sich die Klägerin gegen die letzte Befristung und klagte auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, wohingegen sich die Fluggesellschaft auf die sachgrundlos mögliche Altersbefristung nach ehemaliger Gesetzeslage berief.

Entscheidung
Das BAG gab der Klägerin Recht. Es mache keinen Unterschied, aus welchem Grund das ursprüngliche unbefristete Arbeitsverhältnis geendet habe. Die befristeten Arbeitsverträge schlossen nahtlos an das aufgrund Tarifvertrags beendete unbefristete Arbeitsverhältnis an. Deswegen bestehe ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang des letzten - mit der Klage angegriffenen - befristeten Arbeitsverhältnisses mit dem unbefristeten Arbeitsverhältnis, so dass eine sachgrundlose Befristung nicht mehr möglich gewesen sei.

Konsequenz
Die Entscheidung überrascht nicht. Tatsächlich war durch die befristeten Arbeitsverhältnisse im nahtlosen Anschluss an die ursprüngliche Beschäftigung ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben. Inwieweit die Entscheidung angesichts der inzwischen seit 4 Jahren geänderten Gesetzeslage noch Konsequenzen für laufende Arbeitsverhältnisse haben kann, wird für jede bestehende Altersbefristung einzelfallabhängig zu prüfen sein.

18. Aufklärungspflicht bei Vertriebsprovisionen

Kernaussage
Eine vorvertragliche Aufklärungspflicht des Vertragspartners eines Kapitalanlegers über die Zahlung von Vertriebsprovisionen, die er an einen Anlagevermittler leistet, besteht nur ausnahmsweise. Sie liegt zumindest dann nicht vor, wenn zwischen Anleger und Provisionsempfänger kein Vertragsverhältnis besteht.

Sachverhalt
Die beklagte Privatbank beteiligte sich mit einem Anteil von rund 8,5 Mio. EUR an einer Fondsgesellschaft. Auf Empfehlung eines Beraters, der die Klägerin seinerzeit bei Geldanlagen beriet und zugleich in Geschäftsbeziehungen mit der beklagten Privatbank stand, erwarb die Klägerin von der Beklagten eine Unterbeteiligung in Form einer BGB- Innengesellschaft. Die Einlage der Klägerin betrug 100.000 EUR nebst 5 %igem Agio, das der Aufbringung des Agios der Hauptbeteiligung dienen sollte. Im März 2000 überwies die Beklagte dem Berater rd. 20.000 EUR als Bonifikation hinsichtlich diverser Vermittlungstätigkeiten. Hierüber wurde die Klägerin nicht aufgeklärt. Die Klägerin überließ dem Berater den Beteiligungsbetrag nebst Agio zur Weiterleitung an die beklagte Bank, die den Betrag in Teilbeträgen einforderte, ohne die Klägerin zu informieren. Der Berater kam dem Kapitalabrufen nur teilweise nach. Im November 2004 beging er Selbstmord. Der Nachlassinsolvenzverwalter zahlte an die Klägerin rund 11.000 EUR. Die Klägerin begehrt Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages samt Agio. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwies die Sache an das Oberlandesgericht zurück.

Entscheidung
Für die Annahme eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens sind keine Feststellungen getroffen worden. Der Vertragspartner des Anlegers ist grundsätzlich nicht verpflichtet, diesen vor Vertragsschluss über die Zahlung von Vertriebsprovisionen aufzuklären, die er an einen Anlagenvermittler leistet. Der BGH hat derartige Offenbarungspflichten bislang für den Fall statuiert, dass die Bank den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen beteiligt, denn der Verwalter könnte entgegengesetzte Interessen verfolgen, was der Anleger ohne die Aufklärung nicht erkennen könne. An einer vergleichbaren Interessengefährdung fehlt es jedoch, wenn zwischen dem Anleger und dem Provisionsempfänger kein Vertragsverhältnis besteht, aufgrund dessen der Provisionsempfänger wie ein Vermögensverwalter die Wahrnehmung der Interessen des Anlegers schuldet.

Konsequenz
Erneut hatte sich der BGH mit den Aufklärungspflichten der Bank gegenüber ihren Kunden über die Zahlung von Provisionen zu beschäftigen. Eine Aufklärungspflicht der Bank gegenüber ihren Kunden resultiert aus Vertrauensschutz sowie der Vermeidung von (potentiellen) Interessenkonflikten.

19. Zur urheberrechtlichen Zulässigkeit der Bildersuche bei Google

Rechtslage
Die von Google betriebene Internetsuchmaschine verfügt über eine textgesteuerte Bildsuchfunktion. Hier kann man durch Eingabe von Suchbegriffen nach Abbildungen suchen, die Dritte im Zusammenhang mit dem Suchwort ins Internet eingestellt haben. Die gefundenen Bilder werden in einer Ergebnisliste in verkleinerter Form als Vorschaubilder ("thumbnails") gezeigt, die wiederum einen Link enthalten, über den man zu der Internetseite mit der wiedergegebenen Abbildung gelangen kann. Hierzu entschied der Bundesgerichtshof jüngst, dass Google nicht wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann, wenn urheberrechtlich geschützte Werke in Vorschaubildern ihrer Suchmaschine wiedergegeben werden.

Sachverhalt
Der Kläger ist Fotograf. In 2006 und 2007 wurden auf Suchanfragen die Abbildungen eines von ihm angefertigten Fotos einer bekannten Fernsehmoderatorin als Vorschaubilder angezeigt. Als Fundort der Abbildungen wurden 2 näher bezeichnete Internetseiten angegeben. Der Kläger machte geltend, er habe den Betreibern dieser Internetseiten keine Nutzungsrechte an dem Foto eingeräumt und nahm die Beklagte wegen Urheberrechtsverletzung unter anderem auf Unterlassung in Anspruch. Der Bundesgerichtshof wies die Klage schließlich ab.

Entscheidung
Bereits im vergangenen Jahr wurde entschieden, dass ein Urheber, der eine Abbildung eines geschützten Werkes ins Internet einstellt, ohne dabei technisch mögliche Vorkehrungen gegen ein Auffinden und Anzeigen zu treffen, durch schlüssiges Verhalten seine Einwilligung in eine Wiedergabe von Vorschaubildern der Abbildung erklärt. Mit der aktuellen Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof klar, dass eine solche, die Rechtswidrigkeit des Eingriffs ins Urheberrecht ausschließende Einwilligung auch dann vorliegt, wenn eine Abbildung eines Werkes von einem Dritten mit Zustimmung des Urhebers ohne Schutzvorkehrungen ins Internet eingestellt wurde. Darauf, dass der Kläger den Betreibern der Internetseiten, auf denen die Vorschaubilder des Fotos eingestellt waren, keine Nutzungsrechte eingeräumt hatte, kam es nicht an. Der Kläger hatte nämlich Dritten das Recht eingeräumt, das Foto im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Die von einem Dritten mit Zustimmung des Urhebers durch Einstellen von Abbildungen des Werkes ins Internet wirksam erklärte Einwilligung in die Anzeige in Vorschaubildern ist - so die Richter - nicht auf die Anzeige von Abbildungen des Werkes beschränkt, die mit Zustimmung des Urhebers ins Internet eingestellt worden sind. Es ist allgemein bekannt, dass Suchmaschinen, die das Internet in einem automatisierten Verfahren nach Bildern durchsuchen, nicht danach unterscheiden können, ob ein aufgefundenes Bild von einem Berechtigten oder einem Nichtberechtigten ins Internet eingestellt worden ist. Deshalb darf der Betreiber einer Suchmaschine eine solche Einwilligung dahin verstehen, dass sie sich auch auf die Anzeige von solchen Abbildungen in Vorschaubildern erstreckt, die ohne Zustimmung des Urhebers ins Internet eingestellt worden sind. Dem Urheber ist es allerdings unbenommen, diejenigen wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch zu nehmen, die diese Abbildungen unberechtigt ins Internet gestellt haben.

Konsequenz
Zur Vermeidung hoher Abmahnkosten sollten geschützte Werke nicht ohne Zustimmung des Urhebers auf der eigenen Internetseite platziert werden.

20. Privater Arbeitgeber muss Besetzung freier Stelle mit Schwerbehinderten prüfen

Kernaussage
Arbeitgeber sind verpflichtet, zu prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen zu berücksichtigen, müssen sie frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. So bestimmen es die Vorschriften der Sozialgesetzbücher. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied nun, dass diese Pflicht auch für private Arbeitgeber gilt.

Sachverhalt
Der mit einem Grad von 60 schwerbehinderte Kläger hat eine kaufmännische Berufsausbildung, ein Fachhochschulstudium der Betriebswirtschaft und die Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst absolviert. Er bewarb sich bei der beklagten Gemeinde auf deren ausgeschriebene Stelle für eine Mutterschaftsvertretung in den Bereichen Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt. Die Gemeinde besetzte die Stelle jedoch anderweitig, ohne zuvor zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden konnte. Sie nahm diesbezüglich auch keinen Kontakt zur Agentur für Arbeit auf. Der Kläger verlangte daraufhin eine Entschädigung nach den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), weil er sich wegen seiner Behinderung benachteiligt sah. Erst vor dem BAG hatte der Kläger Erfolg.

Entscheidung
Die Pflicht zu prüfen, ob schwerbehinderte Menschen bei der Besetzung freier Stellen berücksichtigt werden können, besteht immer und für alle Arbeitgeber. Sie ist unabhängig davon, ob sich ein schwerbehinderter Mensch beworben hat oder bei seiner Bewerbung diesen Status offenbart hat. Verletzt ein Arbeitgeber diese Prüfpflicht, wird dies als Indiz dafür gewertet, dass er einen abgelehnten schwerbehinderten Menschen wegen der Behinderung benachteiligt hat, weil er seine Förderungspflichten unbeachtet gelassen hatte. Da vorliegend die beklagte Gemeinde die Vermutung einer solchen Benachteiligung nicht widerlegen konnte und auch die Einschaltung der Agentur für Arbeit versäumt hatte, verwies das BAG den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurück. Das Gericht hat nun noch über die Höhe der dem Kläger zustehenden Entschädigung zu entscheiden.

Konsequenz
Die gesetzliche Prüfpflicht zur Besetzung freier Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen trifft alle Arbeitgeber, nicht nur die des öffentlichen Dienstes. Ein abgelehnter schwerbehinderter Bewerber kann sich darauf berufen, dass die Verletzung dieser Pflicht seine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lasse.

21. Voraussetzungen der "fehlerhaften Gesellschaft"

Kernaussage
Die Lehre von der "fehlerhaften Gesellschaft" dient der Abwicklung unwirksam geschlossener Gesellschaftsverträge. Die Unwirksamkeit kann z. B. auf einem Formfehler, einer Anfechtung oder auf einem Verstoß gegen zwingendes Recht beruhen. Die Gesellschaft wird dann aber nicht rückwirkend abgewickelt, sondern für die Vergangenheit als wirksam behandelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte nun, dass die Voraussetzung für eine fehlerhafte Gesellschaft, nämlich die auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärungen der Beteiligten, dann nicht vorliegt, wenn ein Mitgesellschafter die ihm erteilte Vollmacht überschreitet.

Sachverhalt
Das Vermögen der Klägerin und deren Schwester wurde von dem Beklagten, ihrem Vater, verwaltet. Wegen Meinungsverschiedenheiten sollte der Beklagte die ihm erteilte Generalvollmacht nur noch nach vorheriger Information der Klägerin und interner Abstimmung der Schwestern nutzen. Sodann schloss der Beklagte unter Nutzung der Vollmacht einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit sich selbst ab und brachte dort das gesamte Vermögen seiner Töchter ein. Er bestimmte sich zum alleinigen Geschäftsführer und schloss alle Verfügungen der Töchter bis zum Jahr 2022 aus. In der Folgezeit änderte der Beklagte die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse, indem er 2 GbR's gründete, in die er jeweils das Vermögen einer Tochter einbrachte, während die andere Schwester und er selbst nur zu je 0,5 % beteiligt waren. Die auf die Klägerin laufenden Konten ließ er aufgrund der Vollmacht ohne Rücksprache mit der Klägerin umschreiben; so dass dieser jegliche Verfügungsmöglichkeit entzogen war. Sodann veranlasste der Beklagte als Geschäftsführer der GbR die Übertragung sämtlicher Konten auf eine weitere GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er selbst war. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz für die Eingriffe in ihre Verfügungsbefugnis. Der BGH gab der Klägerin Recht, verwies die Sache aber an das OLG zurück.

Entscheidung
Das OLG war zu Unrecht von einer fehlerhaften Gesellschaft und damit von deren Wirksamkeit ausgegangen. Eine solche Gesellschaft setzt einen Gesellschaftsvertrag voraus; hierbei müssen Willenserklärungen der Beteiligten vorliegen, die auf dessen Abschluss gerichtet sind. Ein rechtsgeschäftliches Handeln fehlt aber, wenn ein Mitgesellschafter die ihm erteilte Vollmacht überschreitet. Der Beklagte hatte den Gesellschaftsvertrag nämlich rechtsmissbräuchlich abgeschlossen. Er hatte eigenmächtig und in einem Insichgeschäft gehandelt. Damit handelte es sich vielmehr um eine Scheingesellschaft, die - im Gegensatz zur fehlerhaften Gesellschaft - nicht entstanden ist und auch nicht für die Vergangenheit als wirksam behandelt wird. Das OLG muss daher den klägerseits dargelegten, durch die Verfügungen des Beklagten entstandenen Schaden nochmals prüfen.

Konsequenz
Beim rechtsmissbräuchlichen Abschluss eines Gesellschaftsvertrages durch Überschreiten einer Vollmacht sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anzuwenden. Es mangelt dann ebenfalls an einem vom Willen aller Gesellschafter getragenen Vollzug des Gesellschaftsvertrages.

22. Ist Unterhalt an Schwiegermutter außergewöhnliche Belastung für Getrennte?

Kernproblem
Wird die Schwiegermutter finanziell unterstützt, können die Aufwendungen zum Abzug als außergewöhnliche Belastung berechtigen. Nach der Gesetzesformulierung ist ein Abzug möglich, soweit einem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten Aufwendungen gegenüber einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person erwachsen. Werden die Aufwendungen während einer intakten Ehe geleistet, ist mit der steuerlichen Begünstigung (bis auf Prüfung der eigenen Einkünfte der unterstützen Person) in der Regel kein weiteres Rechtsproblem verbunden. Ob man jedoch noch einen Steuervorteil erwarten kann, wenn man zwar die Mutter des Ehemanns unterstützt, von diesem aber dauernd getrennt lebt, war Thema eines Rechtsstreits vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt
Die von Ihrem Mann getrennt lebende Klägerin unterstützte ihre in der Türkei lebende verheiratete Schwiegermutter. Das Finanzamt lehnte einen Abzug der Aufwendungen mit Verweis auf die fehlende gesetzliche Unterhaltspflicht ab, denn diese träfe nur Verwandte in gerader Linie, wie z. B. Kinder, Enkel, Eltern und Großeltern, nicht hingegen Verwandte in der Seitenlinie oder verschwägerte Personen. Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung des Finanzamts und sah die Zahlungen trotz des Gesetzeswortlauts nur bei einer intakten Ehe als abzugsfähig an.

Entscheidung
Der BFH sah dies anders und ließ die Aufwendungen vom Grundsatz her wegen des gesetzlichen Abstellens auf den zivilrechtlichen Bestand eines Eheverhältnisses zum Abzug zu. Die Vorschrift sei auch nicht einschränkend auf den Fall einer intakten Ehe auszulegen. Anderenfalls müsse danach differenziert werden, ob und bis zu welchem Zeitpunkt eine intakte Ehe aufgrund einer Unterhalts-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe. Ein zusätzliches Abstellen auf die Voraussetzungen einer Ehegattenveranlagung zur Vermeidung einer solchen Abgrenzung ließe sich auch nicht vermeiden, weil die Voraussetzungen hierfür nur zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Veranlagungszeitraums für eine logische Sekunde gleichzeitig erfüllt sein müssten.

Konsequenz
Der BFH wies den Fall dennoch an das Finanzgericht zurück, weil noch zu prüfen war, ob der Ehemann der Schwiegermutter nicht für den Unterhalt hätte aufkommen können.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen



Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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